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EM Dressur: Justin Verboomen und Zonik Plus sichern sich erneut Gold

BAYERNS PFERDE 31.08.2025

Zwar zeigte sich bei den Europameisterschaften in der abschließenden Grand Prix Kür ein unverändertes Podest, die Spannung blieb aber dennoch nicht aus. Schlussendlich setzte sich Newcomer Justin Verboomen mit Zonik Plus erneut gegen Cathrine Laudrup-Dufour und Isabell Werth durch.

Schöner hätte man sich den Finaltag nicht erträumen lassen können: blauer Himmel, strahlender Sonnenschein, voll besetzte Tribünen und gute Stimmung im französischen Crozet. Ja, bei den Europameisterschaften wurde der Dressursport am Finaltag auf besondere Weise zelebriert. Alle 18 Reiter, die es in die Kür geschafft hatten, zeigten durchweg tollen Sport. So richtig spannend wurde es aber im letzten Drittel – dabei musste Isabell Werth in Hinblick auf die Medaillenränge als Erste „ran“ und setzte zugleich eine klare Ansage. „Ich liebe es, Pferde auf bestmögliche Weise vorzustellen“, erläuterte Isabell Werth. Die Dressurqueen bewies einmal mehr Nervenstärke und verstand es, ihre elfjährige Wendy de Fontaine optimal zu unterstützen. Die elfjährige Sezuan-Tochter zeigte sich heute noch geschlossener und lieferte sogar ihre beste Runde der Woche ab. Die beiden begannen mit gleichmäßigen und energisch abfußenden Piaffen und Passagen. Piaffpirouetten, Übergänge, Passage-Traversalen – alles in einem Fluss und in einer Leichtigkeit, die kaum zu überbieten ist. Auch im Galopp zeigten sich die Galopppirouetten noch zentrierter und mit hoher Lastaufnahme. In den Einerwechseln hingegen präsentierte sich erneut ein kurzgesprungener Wechsel, und auch in der Galopptraversale „mopste“ ihr Wendy einen Wechsel. Vielleicht waren es genau diese Punkte, die am Ende zu Gold fehlten. Vielleicht aber auch nicht. Was feststeht: Isabell Werth und Wendy de Fontaine sorgten in der Grand Prix Kür für so manchen Gänsehautmoment und zählen einfach zu den besten Paaren der Welt. In Crozet reihten sie sich mit 88 Prozent erneut auf dem Bronzerang ein. „Ich war heute superhappy. Wendy war fantastisch. Ich glaube, dass wir jetzt auf dem Weg der Leichtigkeit und der Selbstverständlichkeit sind. Uns fehlt noch ein bisschen Kondition und Power. Aber das war heute der Weg, auf dem wir hoffentlich bald standardmäßig sind“, resümierte Isabell Werth. Treffende Worte – mit einem deutlichen Blick in Richtung Weltmeisterschaften im kommenden Jahr.

Nach dem Auftritt von Isabell Werth und Wendy de Fontaine war klar: Dieses Duo darf sich erneut über eine Medaille freuen. Doch welche Farbe sollte es diesmal sein? Die Dänin Cathrine Laudrup-Dufour war als Nächste mit ihrer Mount St. John Freestyle an der Reihe. Viele drückten ihr wohl doppelt die Daumen – zu oft schon hatte sie sich hinter Jessica von Bredow-Werndl mit TSF Dalera BB mit dem zweiten Platz begnügen müssen und bei etlichen Championaten einfach nicht das letzte Quäntchen Glück auf ihrer Seite gehabt. Doch auch in Crozet sollte sich das nicht ändern. Bereits in der Trabtour begeisterten die beiden erneut mit Leichtigkeit, Harmonie und – besonders in den Piaffen und Passagen – mit viel Ausdruck. Doch schon hier zeigte sich stellenweise, dass die Hannoveraner-Stute nicht mehr ganz so spritzig war wie an den Tagen zuvor. In der Hinterhand hätte sie teils aktiver abfußen dürfen – diese zusätzliche Aktivität hätte man sich auch in den Galopppirouetten gewünscht. Klar, das ist Meckern auf allerhöchstem Niveau. Doch die Europameisterschaften haben einmal mehr gezeigt: An der Spitze liegt alles extrem eng beieinander. Und da zählt jeder Punkt. Richtig teuer wurde es – wie schon im Grand Prix Special – in den Zweierwechseln. Ordentlich Punkte gab es hingegen noch einmal in der B-Note: völlig verdient in den Bereichen Harmonie und der äußerst anspruchsvollen Choreografie. So standen am Ende 89,8 Prozent auf der Anzeigetafel. Das dänische Bibbern begann – und wurde nicht ganz belohnt: Cathrine Laudrup-Dufour sicherte sich erneut Silber. Ein großartiger Erfolg, auch wenn es nicht der (erhoffte) goldene war! Und ganz ehrlich: Auch in der Grand Prix Kür wollte man nicht wirklich in der Rolle der Richter stecken – zwischen diesem Spitzentrio zu entscheiden, war alles andere als leicht.

Und dann war da noch ein (bislang unscheinbarer) Belgier, der spätestens nach diesen Europameisterschaften kein Unbekannter mehr ist – ob er will oder nicht. Die Rede ist von Justin Verboomen und seinem neunjährigen Hengst Zonik Plus. Der Druck, der heute auf den Schultern des international noch kaum erfahrenen Reiters lastete, war kaum vorstellbar. Behielt er die Nerven? Ja, das tat er – oder besser gesagt: Justin Verboomen und sein neunjähriger Hannoveraner-Hengst (v. Zonik – Hohenstein) verzauberten die Zuschauer. Es war schlichtweg beeindruckend, mit welcher Harmonie, Losgelassenheit und Leichtigkeit sich die beiden präsentierten. Gleichmäßige Piaffen und Passagen mit fließenden Übergängen, beeindruckende Galopppirouetten mit hoher Lastaufnahme und ein durchgehend vorbildliches Seitenbild – das waren die Highlights ihrer Kür. Ein teurer Fehler unterlief ihnen dennoch: In der Einleitung zur Rechts-Trabtraversale sprang Zonik Plus in den Galopp an. Ein deutlicher Patzer – doch letztlich überwogen Eleganz, Leichtigkeit und der hohe Schwierigkeitsgrad ihrer Kür. Belohnt wurde das mit 89,9 Prozent und damit erneut mit Gold. Justin Verboomen hat damit nicht nur für sich, sondern auch für sein Land Geschichte geschrieben: Vor 20 Jahren war erstmals eine belgische Equipe bei einer Europameisterschaft angetreten – seither hatten die Belgier bei keinem Championat wirklich vorne mitgemischt, geschweige denn Medaillenränge erreicht. Verboomen hat das nun grundlegend verändert – und sich gleichzeitig zum Doppel-Europameister gekürt. Doch das ist nicht alles: Justin Verboomen – und in gewisser Weise das gesamte Championat – haben gezeigt, dass sich der Dressursport in eine erfreuliche Richtung entwickelt. Eleganz, Leichtigkeit und Harmonie statt künstlichem „Gestrampel“ – das zählt (zum Glück) wieder mehr und wird auch entsprechend honoriert. „Zonik Plus ist mein once in a lifetime horse und ich bin unglaublich glücklich und stolz, sein Besitzer und Reiter zu sein. Ich habe immer davon geträumt, aber die anderen Reiter sind so stark. Und ich hatte heute einen großen Fehler in der Prüfung“, erläuterte Justin Verboomen. 

Auch Frederic Wandres und Bluetooth OLD setzten zum Abschluss ein Ausrufezeichen: Mit einer technisch sehr sicheren Runde belegten sie Rang fünf (81,7 Prozent). Der gebürtige Baden-Württemberger hatte sich von Tag zu Tag gesteigert – genauso wie Becky Moody mit Jagerbomb. Die Britin begeisterte in der Kür und musste sich mit 86,9 Prozent und dem undankbaren vierten Platz zufriedengeben. Übrigens: Auch Becky Moody und Jagerbomb sind ein Paar, das in puncto Harmonie, Durchlässigkeit und Losgelassenheit besonders zu überzeugen weiß.